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Kinder den Tod erklären: Friedhof Stahnsdorf bietet Führungen an

Den Friedhof mit Kindern entdecken

Seine neunjährige Tochter hat auf dem Friedhof laufen gelernt. „Ich sehe sie noch vor mir, wie sie über vermooste Grabfelder krabbelt“, erinnert sich Olaf Ihlefeldt in einem Interview mit taz.de. Für ihn und seine Familie ist das ganz normal. Seine Überzeugung ist: Die meisten Toten wären dankbar, würden lachende Kinder an ihren Gräbern stehen. Ihlefeldt macht u.a. Kinderführungen über einen der größten Friedhöfe Europas, den Südwestkirchhof Stahnsdorf bei Berlin. Ziel ist: Sterben, Tod und Trauer so vielfältig und kindgerecht wie möglich zu thematisieren. Kindern den Tod erklären – viele Familien kommen seitdem, gerade Großeltern haben das Thema für sich und ihre Enkel entdeckt.

Kinder auf Friedhöfe? Die Idee kam dem gebürtigen Potsdamer, eben weil Erwachsene immer sagten: Für Kinder sei „das nichts“. Olaf Ihlefeldt, der das Gärtnern in Sanssouci lernte und schon 1989 auf dem Südwestkirchhof zu arbeiten anfängt und zwei Jahre später Deutschlands jüngster hauptamtlicher Friedhofsverwalter ist, ist nicht pädagogisch ausgebildet, weiß aber heute: Entspannter als mit Kindern geht es nicht. Dabei redet er ‚einfach‘ ganz offen über Themen, die Erwachsene oft aussparen, weil sie nicht wissen, wie sie Tod oder Trauer beschreiben sollen.

Lesenswert:

Zwei Interviews, die der Redaktion von grosseltern.de sehr gefallen haben:
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Ihlefeldt benennt die Dinge beim Namen. Er hat keine Scheu zu berichten, wie Tote im Sarg aussehen; erklärt wie ein Leichnam verbrannt wird. Als Highlight bezeichnet er es, mit Kindern in eine leere Gruft zu steigen. Wovor viele Erwachsene zurückschreckten, würden Kinder eben besonders gern ausprobieren. Er erklärt Mausoleen als „ein letztes Haus, das sich Menschen gebaut haben“. Dann mache es bei den Kindern „Klick“. In Gedanken bauten Kinder später ihr eigenes Mausoleum.

Im Interview erklärt sie: „Wo in der Stadt kann man sich so ruhig draußen bewegen, hinsetzen, Bäume bestaunen oder Eichhörnchen zusehen. Friedhöfe sind nicht nur für trauernde Menschen, sie sind für das Klima einer ganzen Stadt sehr wichtig.“ So setzt sie sich für den Erhalt von Friedhöfen auch deshalb ein, „weil man etwas zum Erhalt dieser grünen Lungen tun muss“. Und nennt als Stichwörter Luftaustausch, Temperatur, Biodiversität. Sicher keine Themen, die Kinder sofort vom Hocker reißen. Aber auch hier gilt: Richtig aufbereitet sicher sehr spannend, um Kindern zu vermitteln, was um sie herum so alles passiert. Auf einem Friedhofsspaziergang erklärt mir Claudia Gölz lachend: „Ich möchte nicht wissen, was hier im Gebüsch alles lebt, was da draußen in der Stadt keine Chance hat.“ Das wollen sicher gerade auch Kinder wissen…

Die meisten Toten wären dankbar, würden lachende Kinder an ihren Gräbern stehen.
Kinder auf dem Friedhof - warum auch nicht?

Auch für andere Menschen ist es völlig normal, dass Kinder und Friedhöfe zusammen gehören. Die Düsseldorfer Kommunikationsexpertin Claudia Gölz z.B. sagt: „Für mich gehören Kinder auf den Friedhof. Kinder sollen so früh wie möglich merken: Das ist normal.“ Für sie ist aber nicht nur dieser Aspekt wichtig. Zum einen, sagt sie, spiegeln Friedhöfe historisch und kulturell eine große Vielfalt – ein Wissen, von dem sicher auch Kinder schon profitieren können. Zum anderen haben Friedhöfe für Claudia Gölz, die sich früh auf die Themenfelder Gartenbau, Umwelt und Stadtentwicklung spezialisiert und in Düsseldorf eine Agentur für grüne Themen leitet, als biologische Räume eine Riesenbedeutung.

Unser Tipp:

Informieren Sie sich hier über Friedhofs-Führungen mit Olaf Ihlefeldt speziell für Kinder und Jugendliche. Der Eintritt ist frei! Eine Spende wird erbeten.
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