Im Februar 2020 hob das Bundesverfassungsgericht das frühere Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung, also die unabhängig von einer Gewinnerzielungsabsicht wiederholte Förderung der Selbsttötung, auf. Eine ntv-Umfrage zeigt nun: 72% der Deutschen befürworten die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe mittels Verabreichung tödlich wirkender Mittel. Die Umfrage führte das Meinungsforschungsinstitut Yougov durch.
Die Akzeptanz für die passive Sterbehilfe – die Abschaltung lebenserhaltender Maßnahmen- liegt bei 83 %. Legal ist die passive Sterbehilfe in Deutschland, sobald eine Willensäußerung des Betroffenen oder eine gültige Patientenverfügung vorliegt.
Allerdings wird die Neuregelung der Suizidbeihilfe noch eine Weile dauern. In der Sitzung des Gesundheitsausschusses am 9.6.2021 lehnte die Mehrheit der Mitglieder eine Sachverständigenanhörung zum interfraktionellen Gesetzentwurf der Abgeordneten um Karl Lauterbach (SPD), Katrin Helling-Plahr (FDP) und Petra Sitte (Linke) ab.
Diese Haltung sorgt dafür, dass in der letzten Parlamentswoche dieser Wahlperiode (21.-25.6.21) eine abschließende Debatte zur Neuregelung der Suizidbeihilfe nicht geführt werden kann.
Österreich – Der Verfassungsgerichtshof in Österreich hat im Dezember 2020 den Weg zur Sterbehilfe freigemacht. Die Entscheidung sorgt für unterschiedliche Reaktionen. Die Verfechter der Sterbehilfe jubeln, die katholische Kirche ist entsetzt.
Das bisherige gesetzliche Verbot der Hilfeleistung zum Suizid verstoße gegen das Recht auf Selbstbestimmung, urteilte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien. Es sei verfassungswidrig, jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten. Tötung auf Verlangen bleibt dagegen weiterhin strafbar.
Das Recht auf freie Selbstbestimmung umfasse „sowohl das Recht auf die Gestaltung des Lebens als auch das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben“, erklärten die Richter. Die neue Regelung trete zum 1. Januar 2022 in Kraft.
Schweiz – Die Schweiz gilt schon lange als liberales Land und erlaubt unterschiedliche Formen der Sterbehilfe auch für Ausländer. Allerdings ist die direkte aktive Sterbehilfe in der Schweiz verboten. ABER: Der rechtliche Rahmen lässt die indirekte aktive Sterbehilfe in der Schweiz zu. Der Gesetzgeber sieht unter strengen Auflagen vor, dass der Einsatz von lebensverkürzenden Medikamenten, als auch der Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen legal durchgeführt werden darf. Straffrei bleibt auch die Suizidhilfe – Hilfe zum Selbstmord. Die Suizidhilfe in der Schweiz beschreibt die Beschaffung eines tödlichen Medikaments, das der Patient selbst ohne fremde Hilfe einnimmt. Organisationen wie etwa Dignitas oder EXIT bieten auch für Ausländer legale Suizidhilfe im Rahmen der Schweizer Gesetze an.
Niederlande – Die Niederlande gilt als Vorreiter bei der Legalisierung der aktiven Sterbehilfe. Seit 09.02.1993 ist in den Niederlanden die aktive Sterbehilfe sowie die Beihilfe zur Selbsttötung erlaubt. Der Artikel 2 des Sterbehilfegesetzes („euthanasiewet“) bestimmt, dass sich Ärzte an fünf Kriterien halten müssen, damit sie sich nicht strafbar machen:
• Der Wunsch des Patienten für Sterbehilfe ist wohlüberlegt und absolut freiwillig (aus Sicht des Arztes). Wenn der Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann, muss der Patient seinen Sterbenswunsch vorher (bei Geschäftsfähigkeit) schriftlich festgelegt haben.
- Der Zustand des Patienten ist aussichtslos und sein Leiden unerträglich (aus Sicht des Arztes).
- Der Arzt hat den Patienten umfassend über die Situation und medizinische Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt.
- Der Arzt und der Patient sind beide der Meinung, dass diese Behandlungsmöglichkeiten keine annehmbaren Lösungen für die Situation des Patienten sind.
- Der behandelnde Arzt kontaktiert mindestens einen weiteren und unabhängigen Arzt, der den Patienten untersucht und zu den Kriterien 1-4 eine schriftliche Stellungnahme erstellt.