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Sonja Ohly: Unterschiede einer deutschen und arabischen Oma

Sonja Ohly - Mutter von 4 Söhnen

Aus Dubai erreichte uns der folgende Gastbeitrag – geschrieben von einer sehr erfahrenen Frau, die bereits seit den 80er Jahren am Golf lebt. Sonja Ohly, Mutter von vier erwachsenen arabischen Söhnen, hat für grosseltern.de aufgeschrieben, wie unterschiedlich eine Oma in Deutschland respektive in den Vereinigten Arabischen Emiraten agiert; denn ihre Kinder haben Omas in beiden Welten…

„Meine Kinder haben das Privileg außer einer deutschen Oma auch eine arabische Oma zu haben. Die wohnt in den Vereinigten Arabischen Emiraten und wird schon bald neunzig Jahre alt. Wenn man die arabische Kultur kennt, weiß man, welchen großen Stellenwert die Familie einnimmt. So war mir auch von Anfang an klar, dass wir jeden Freitag (der Freitag ist in Arabien so wie unser Sonntag), zum Mittagessen bei Oma aufschlagen mussten. Am Freitag trifft sich nämlich die ganze Familie bei ihr. Omas Kinder mit Ehegatten und alle Enkel.

Sonja Ohly

Die Begrüßung der arabischen Oma gegenüber der deutschen Oma ist sehr formell. Wenn wir zur arabischen Oma gehen, steht man auf, wenn sie das Zimmer betritt, geht zu ihr hin, küsst sie auf die Stirn und wünscht ihr ‚Assalamu Aleikum’, was so viel heißt wie ‚Friede sei mit Euch’. Bei der deutschen Oma geht das etwas lockerer zu. Die Kinder rufen ‚Hallo Oma’ und umarmen sie überschwänglich.

Bei einer so großen Familie wie der meiner Schwiegermutter dauert dieses Ritual schon eine ganze Weile. Aber dann sitzen endlich alle am Boden im Salon (auf Arabisch heißt dieses Zimmer Majlis) und plaudern, während Oma in der großen Küche das Zepter schwingt und die Speisen mit der Köchin vorbereitet. Ich habe vier Kinder, meine Schwäger und Schwägerinnen bringen zusammen noch mal zwölf Kinder mit, sodass Oma insgesamt 16 Enkel und natürlich deren Eltern zu Besuch hat. Eine kleine Gesellschaft sozusagen.

Wer isst was gern? Das arabische Mittagessen am Boden

Das arabische Mittagessen wird traditionell am Boden gegessen, denn mit den Mamas und Papas und den Enkeln wäre die Tafel irre lang und es wäre auch längst nicht so gemütlich. So rückt man am Boden um ein großes Tischtuch zusammen. Das Mittagessen kommt auf einem riesigen runden Tablett in die Mitte der Tischdecke und als erstes bereitet Oma die Teller für die Enkel vor. Jedem Kind serviert sie Reis und sein Lieblingsteil des Huhns oder Lamms. Sie merkt sich ganz genau, wer lieber das Hühnerbein oder die Hühnerbrust isst. Über den Reis und das Fleisch gibt sie dann eine Soße aus Brühe, Kartoffeln und Gemüse, die heißt Saloona. Das macht sie aber nur für ihre Enkel – bis heute. Die anderen Erwachsenen werden nicht bedient. Bestecke gibt es übrigens auch keine. Jeder isst mit der rechten Hand und während des Essens wird ausgiebig diskutiert. Es geht immer sehr munter zu, und Oma hört sich alles ohne Kommentar an.

Omas in Arabien schimpfen nicht: Für die Enkel immer nur gute Worte

Wer mit dem Essen fertig ist, geht zum Händewaschen in das angegliederte Badezimmer und dann zurück in den Salon. Dort gibt es nämlich die Nachspeise. Herrliche arabische Süßigkeiten, Nüsse und viel Obst. Wenn sich dann alle wieder versammelt haben, legt Oma mit der Befragung der Enkel los. Wie geht es in der Schule? Was macht dein Uni Abschluss? Hast du eine Freundin?

Sie hat während des Mittagessens gut zugehört und sich viel gemerkt. Was mich besonders beeindruckt; sie schimpft nie, hat immer nur Lob und gute Worte für die Kinder. Sie gibt Ratschläge und erzählt von früher. Da unterscheiden sich Omas auf der ganzen Welt wohl kaum. So plätschert der Nachmittag dahin, bis die ersten langsam aufbrechen und sich mit einem ‚Fia Man’illah’ – was so viel heißt wie ‚Bis zum nächsten mal, wenn Gott will’ – verabschieden.

Eine deutsche Oma geht auch schon mal mit zum Rugby

Bei der Verabschiedung wird Oma wieder auf die Stirn geküsst, und manchmal fährt ihre Hand dann in die Tasche ihres langen Kleides und schnell steckt sie den Kindern eine Geldnote in die Hand. Der Kontakt zur arabischen Oma beschränkt sich auf das wöchentliche Mittagessen. Die arabische Oma mischt sich kaum ein, sie fragt höflich nach und ist nie streng.

Sonja Ohly berichtet aus Dubai

Ganz anders als bei der deutschen Oma. Die deutsche Oma nimmt schon immer sehr viel Anteil am Leben ihrer Enkel. Sie brachte meinen Kindern das Schwimmen bei, ging mit ihnen einkaufen, half bei den Hausaufgaben und ging, zum Anfeuern, mit zum Rugby Spiel. Sie hat einen Computer und skypt meine Kinder an, um die letzten Neuigkeiten zu erfahren.

Und so unterschiedlich die Omas aus den zwei Welten doch sind – beide werden heiß und innig von meinen Kindern geliebt.“

Sonja Ohly gründete bereits 1986 eine der ersten PR-Agenturen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort war sie mit Scheich Sultan Al Qassimi, einem Mitglied der regierenden Familie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, verheiratet und hat mit ihm vier erwachsene Söhne. Heute pendelt die gebürtige Hessin zwischen den verschiedenen Welten und bereist auch privat als passionierte Taucherin die Welt. Beruflich engagiert sie sich gern in sog. „Cross-Culture-Seminaren“, um die arabische Mentalität näher zu beleuchten. Sie studierte Islamkunde, Arabisch und Volkswirtschaft. Eigentlich ist sie nur eins (noch) nicht: Großmutter…

Für Sie recherchiert:

Großeltern können sehr unterschiedlich sein. grosseltern.de wollte wissen, ob es Unterschiede gibt zwischen einer deutschen und einer arabischen Oma – und befragte dazu eine deutsche Mutter, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten vier Kinder erzogen hat. Mehr über diese interessante Frau erfahren Sie hier.

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