Muss das Kind Elternunterhalt zahlen, auch wenn es zu seinen leiblichen Eltern nie Kontakt hatte oder gar im Kinderheim aufgewachsen ist? Über die Antwort auf diese Frage musste das Familiengericht in Offenburg in Baden-Württemberg entscheiden. Eine 55 Jahre alte Frau hatte geklagt, weil sie für ihre mittlerweile pflegebedürftige 85 Jahre alte Mutter Elternunterhalt zahlen sollte. Die lebt mittlerweile in einem Offenburger Pflegeheim.
Weil die alte Frau für die Pflege nicht selber aufkommen kann, wendete sich in dem Fall das Landratsamt im baden-württembergischen Ortenaukreis an die Tochter. Dieses Vorgehen ist normal, denn kann ein Pflegebedürftiger das Geld nicht selber aufbringen oder der Betrag aus der Pflegeversicherung reicht nicht aus, wird das Sozialamt eingeschaltet. Dieses streckt Geld zwar vor, will das aber von den Angehörigen zurück. In dem Fall allerdings argumentierte der Anwalt der Klägerin so: Die Mutter habe die Tochter nach der Geburt weggegeben, sie sei in einem Kinderheim aufgewachsen und hatte kaum Kontakt zu ihrer Mutter. Dadurch habe die Mutter die Tochter vernachlässigt. Es sei die Rede von „schwerer schuldhafter Verfehlung“ der Mutter, schreibt „faz.net“.
Das Gericht hatte erst vorgeschlagen, dass die Tochter nur 30 Prozent des errechneten Unterhalts monatlich zahlen solle. Das hat die Frau abgelehnt.
Das Familiengericht hat sich damit gegen das Urteil des Bundesgerichtshof von 2014 gestellt. In dem Fall klagte ein Sohn, dessen Vater den Kontakt zu ihm abbrach, als der Mann gerade 19 Jahre alt war.