21 Millionen Großeltern in Deutschland. Aber kümmert sich die Politik um diese Wähler? Wir haben die einzelnen Parteien gefragt.
In weniger als sechs Wochen ist Bundestagswahl. Im Winter wundern sich viele wie schnell Weihnachten kommt – jetzt im Sommer also ist „plötzlich“ die Wahl am 24. September 2017. Erst seit kurzem hängen die Wahlplakate und der Wahlkampf? Eröffnet. Aber kümmern sich die Parteien auch um die Belange von Großeltern, die schließlich etwa 21 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland stellen?
Wir haben nachgefragt. Stellvertretend für Sie. Wie schon vor vier Jahren haben wir – mit Ihrer Hilfe – einen Fragenkatalog erstellt und an CDU/CSU, SPD, FDP, Linke, Grüne und die Partei der Freien Wähler geschickt.
Ergebnis: Keine Partei hat die von uns gesetzte Frist, in drei Wochen zu antworten, geschafft, aber immerhin drei Parteien haben sich bislang zurück gemeldet – und wegen der Sommerpause um Fristverlängerung gebeten. Was ja legitim ist. Und nun liegen uns die ersten Ergebnisse vor, DIE LINKE war am schnellsten.
Zur Erinnerung: Die Linke stellt im aktuellen 18. Deutschen Bundestag mit einem Sitz Vorsprung vor Bündnis 90/Die Grünen die größere der beiden Oppositionsfraktionen. Oppositionsführer der Linksfraktion sind die beiden Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch.
Im Folgenden geben wir wieder, was diese Partei zu unseren Fragen zu sagen hat. Familie ist für DIE LINKE „dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen: Als Lebensgemeinschaft, Ein-Eltern-Familie, als Klein- oder Großfamilie, als Ehepaar, als Mehrgenerationenhaushalt oder in anderen Formen der Gemeinschaft“. Familie sei „da, wo Menschen füreinander da sind und natürlich zählen auch Großeltern zur Familie.“ So weit, so gut. Aber lesen Sie bitte, welche Antworten wir noch bekommen haben!
1. Großeltern zeigen ein hohes Engagement bei der Betreuung von Enkeln. Ohne Oma und Opa könnten viele Familie Beruf und Kinder nicht vereinbaren. Wie können Sie dieses Engagement würdigen?
„Die LINKE möchte nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, sondern allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, das Zeit für Erwerbsarbeit, für Familie und Freundinnen und Freunde, für gesellschaftliches Engagement, Bildung und Kultur sowie ausreichend Erholung und Zeit für sich selbst umfasst. Konkret wollen wir familiengerechte Arbeitszeiten, eine Umverteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit.
DIE LINKE wird mehr Geld in soziale Dienstleistungen investieren. Dazu gehören ein ausreichendes, bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges beitragsfreies Ganztags-Betreuungsangebot für Kinder. Das Engagement von Großeltern für ihre Enkelkinder ist begrüßenswert, darf aber nicht der Regelfall sein um fehlende Betreuungsangebote auszugleichen.“
2. Das deutsche Einkommensteuergesetz erkennt die Leistungen von Großeltern nicht an und sieht steuerliche Entlastungen nicht vor. Weder der finanzielle Aufwand für die Betreuung der Enkelkinder, noch der durch die Betreuung entstehender Aufwand werden berücksichtigt.
Wie steht Ihre Partei hierzu? Wie möchte Ihre Partei Großeltern unterstützen?
„Statt Steuerbegünstigungsmodelle wie das „Ehegattensplitting“ wollen wir die individuelle Besteuerung. Die staatliche Subventionierung eines überholten Alleinernährer- oder Zuverdienerinnen-Modells wollen wir beenden. Stattdessen sollen die tatsächlichen Betreuungs- und Pflegeleistungen sowie das Zusammenleben mit Kindern gefördert und im Rentenrecht ausgeglichen werden. Das Ehegattensplitting wird durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt. Dabei muss das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen den Eheleuten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern frei übertragbar sein.“
3. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 2014 mit der Aussage “Der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG schließt familiäre Bindungen zwischen nahen Verwandten ein, insbesondere zwischen Großeltern und ihrem Enkelkind.” lässt höchstrichterliche Tendenzen hierzu vermuten.
Wie stehen Sie zu der Forderung, den Familienbegriff auszuweiten und Großeltern als Teil der Familie anzuerkennen?
„Familie ist für DIE LINKE dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen: Als Lebensgemeinschaft, Ein-Eltern-Familie, als Klein- oder Großfamilie, als Ehepaar, als Mehrgenerationenhaushalt oder in anderen Formen der Gemeinschaft – Familie ist da, wo Menschen füreinander da sind und natürlich zählen auch Großeltern zur Familie. DIE LINKE steht für eine emanzipatorische und zukunftsweisende Familienpolitik. Familienpolitik muss darauf zielen, allen Menschen ein gutes, planbares Leben ohne Zukunftsangst zu ermöglichen.“
4. Mütter und Väter regeln in vielen Familien mit den Großeltern gemeinsam, wie sie ihre Kinder betreuen. Dieser partnerschaftliche Ansatz endet jedoch häufig im Falle einer Trennung der Eltern. Viele Omas und Opas wünschen sich eine Regelung im deutschen Familienrecht für den Umgang mit Enkeln aus Trennungsfamilien.
Was kann Ihre Partei hier konkret tun?
„Wir befürworten, wenn Großeltern auch nach einer Trennung der Eltern sich um ihre Enkelkinder kümmern möchten. Hierbei muss aber das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen. Sollten größere Konflikte zwischen einem Elternteil und den Großeltern vorliegen, kann dies beim Kind zu einem Loyalitätskonflikt führen, der für das Kindeswohl nicht förderlich ist. Die bisher vorhandenen Regelungen im § 1685 BGB halten wir daher derzeit für ausreichend.“
5. Im Erbschaftsteuergesetz ist für die Vererbung an Enkel, deren Eltern noch leben, ein Freibetrag in Höhe von 200.000 € festgeschrieben. In Zeiten in denen die Zahl der Vier- und Fünf-Generationen-Familien steigt, kommt es immer häufiger auch zu Vererbung an die übernächste Generation. Wie geht Ihre Partei mit dieser neuen Situation um? Gibt es Überlegungen, den Freibetrag für Enkel gleichzusetzen mit dem Freibetrag für Kinder (400.000 €)? Was können Großeltern, die Ihre Partei wählen, erwarten?
„DIE LINKE will, dass die Veränderungen bei der Art und Weise des Zusammenlebens auch bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden. Dazu soll die Besteuerung künftig weniger vom Verwandtschaftsgrad abhängen. Die geltenden hohen persönlichen Freibeträge wollen wir absenken und vereinheitlichen, den Mindestfreibetrag dafür verdoppeln. Der hohe Freibetrag soll künftig zusätzlich für eine weitere Person möglich sein, die von der/dem Vererbenden bzw. Schenkenden frei bestimmt werden kann.“
Text & Interview: Elke Tonscheidt & grosseltern.de
Bild: DIE LINKE im Bundestag